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Samstag, 4. Juni 2011

So ging es weiter ...

Am Sonntag bekamen meine Besitzer dann telefonisch mitgeteilt, dass die Kontrastaufnahme gezeigt habe, dass der Darm durchgängig sei. Damit stehe man wieder am Anfang - ohne Erkenntnisse, warum es mir schlechtginge. Meinen Besitzern wurde empfohlen, keinesfalls zu Besuch zu kommen, da ich weiterhin in der Klinik bleiben müsse und bei einem Besuch der beiden nur geglaubt hätte, dass ich mit nach Hause dürfe. Also saß meine Familie den Sonntag über daheim und sorgte sich tränenreich um mein Leben. Ich hatte jetzt seit 5 Tagen nichts gegessen. Am Montag schleppten sich Frauchen und Herrchen auf ihre Arbeitsstelle und waren in Gedanken bei mir. Es wurden mehrere Blutuntersuchungen gemacht und täglich Ultraschalluntersuchungen. Ununterbrochen lag eine Kanüle in meinem Bein, so dass ich künstlich ernährt werden konnte. Es war eine Qual. Und immer noch nicht war eine Diagnose erfolgt. Am Montag war im Ultraschall zu sehen, dass meine Galle leicht vergrößert war und auch die Bauchspeicheldrüsenwerte waren etwas außerhalb des Normbereiches. Mittlerweile hatten sich alle Ärzte der Klinik mit meinem Fall befasst und erklärten meinen Besitzern, die jeden Morgen und jeden Abend anriefen, dass sie nie einen vergleichbaren Fall gehabt hätten. Am Dienstag durfte ich über Nacht nach Hause und lag dort wie ein Häufchen Elend nur herum. Gott sei Dank mangelte es mir nicht an Durst, so dass ich ganz normal viel trank wie immer. Dies erhielt mich am Leben. Am Mittwochmorgen vor der Arbeit fuhr Frauchen mich wieder den weiten Weg in die Klinik, wo ich erneut an den Tropf gehangen wurde. Man verabredete, dass sie nach Feierabend erneut vorbei kommen solle. Als sie abends dann eintraf, eröffnete man ihr, dass die Blutwerte und auch die Ansicht der Galle wieder im Normbereich seien. Nun sei man Ende mit seinem Latein. Man könne wirklich nicht mehr ausschließen, dass sich vielleicht doch ein Bleistiftsplitter festgesetzt habe. Als Frauchen fragte, welche Möglichkeiten denn bestünden, das herauszufinden, sagte man ihr, dass man zunächst eine Spiegelung der Speiseröhre bis in den Magen machen müsse und wenn dort nichts zu finden sei, wäre der nächste Schritt, meine Bauchdecke zu öffnen, um den Darm abzutasten und die übrigen Organe in Augenschein zu nehmen. Ein Splitter sei auf diesem Wege eher zu finden als mit Ultraschall. Mein Frauchen war sehr verzweifelt und wusste nicht, ob sie mir das in meinem geschwächten Zustand noch zumuten konnte. Sie kämpfte über eine Stunde mit sich und entschied sich dann zu der genannten Maßnahme. Die Ärzte fanden dies am vernünftigsten, denn ein unerkannter Splitter ist nicht nur eine Qual sondern auch lebensgefährlich. Am Mittwochabend wurde ich also dann operiert. Mittlerweile hatte ich seit 8 Tagen nichts gefressen. Als am späten Abend der Anruf zuhause ankam, dass die OP gut überstanden sei, aber dass kein Splitter gefunden wurde, war zum einen zwar die Erleichterung groß, aber die Ungewissheit nach wie vor vorhanden. Mittlerweile lagen bei meinen Besitzern die Nerven blank und sie konnten kaum noch schlafen oder essen. Frauchen sagte, dass ich wie ein Kind für sie sei. Am Donnerstag war Feiertag und am Mittag durften mich meine Besitzer dann endlich aus der Klinik holen. Zuvor hatten sie stundenlang darüber debattiert, ob ich nicht vielleicht merken würde, dass meine Zeit gekommen sei und einfach nicht mehr leben wollte und ob sie diesem Wunsch nicht doch entsprechen sollten, anstatt mich diesem Klinikmarathon auszusetzen. Diese Gedanken äußerten die beiden dann auch bei den Ärzten, aber diese gaben mir eine gute Chance zu überleben, weil noch alle Vitalfunktionen gehen. Man müsse mich nur wieder ans Fressen bekommen. Keinesfalls dürfe man einen 6-jährigen Hund mit normalen Laborwerten aufgeben. Als ich dann aus dem Krankenraum durch den Gang auf die beiden zutrottete, schwer angeschlagen, aber vor Freude schwanzwedelnd, da brach mein Frauchen weinend zusammen vor mir auf die Knie und hat ganz viel Wasser aus den Augen fließen lassen. Ich war ganz eingeschüchtert, aber als wir dann im Auto heimwärts fuhren, wurde ich immer froher und daheim habe ich mich zwischen Herrchen, Frauchen und Motte gekuschelt und wir konnten zum ersten Mal seit Tagen wieder längere Zeit am Stück durchschlafen...